& Data Science
Vergangene Zeiten entschlüsseln: CSMC und HCDS präsentieren digitale Einblicke in das Jerusalemer Ben-Gavriêl Gästebuch
24. Januar 2025, von Janis-Marie Paul

Foto: Janis-Marie Paul
Am 23. Januar präsentierten Forschende des Centre for the Study of Manuscript Cultures (CSMC) und des Hub of Computing and Data Science (HCDS) ihre neuesten Arbeiten zum Jerusalemer Gästebuch im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung. In Kurzvorträgen zeigte das Team, wie digitale Werkzeuge die Forschung und Visualisierung verbessern und dabei verborgene Verbindungen und vergessene Geschichten ans Licht bringen.
Das von Miryam und Moshe Ya’akov Ben-Gavriêl geführte Gästebuch ist weit mehr als eine einfache Besucherliste – es gewährt Einblicke in die intellektuellen und kulturellen Austauschprozesse seiner Zeit. Die Einträge dokumentieren Begegnungen mit Persönlichkeiten wie Hitlers größtem Kunstfeind, dem berühmten Onkel von Amos Oz und sogar einem Nazi, der nach Palästina reiste. Dank digitaler Verarbeitung und Visualisierung können diese Geschichten auf eine Weise erzählt werden, die mit herkömmlichen Archivmethoden nicht möglich wäre.
Eine neue digitale Perspektive auf historische Artefakte
Warum sollte ein Gästebuch digitalisiert werden? Laut Dr. Sebastian Schirrmeister, einem der leitenden Wissenschaftler, wurde dieses besondere Artefakt aufgrund seiner überschaubaren Größe und seiner komplexen internen und externen Verweise ausgewählt. Es bietet ein hervorragendes Beispiel, um zu demonstrieren, wie digitale Reproduktionen neue Forschungszugänge ermöglichen.
"Wenn wir mit einer digitalen Kopie anstelle des Originals arbeiten, verlieren wir zwangsläufig etwas – den physischen Kontext, das haptische Gefühl des Buches," erklärt Schirrmeister. "Wir können nicht einfach durch die Seiten blättern oder Abschnitte mit dem Finger markieren. Aber digitale Formate bieten uns andere Vorteile: Wir können nach Schlüsselwörtern filtern, Einträge nach Datum oder Sprache sortieren und sogar die verwendeten Schreibinstrumente analysieren."
Nächster Schritt: Von einem einzelnen Buch zu einem gesamten Archiv
Der Erfolg des Jerusalemer Gästebuchprojekts ist erst der Anfang. Schirrmeister und das Team des HCDS widmen sich nun einer noch größeren Herausforderung: der Digitalisierung eines gesamten Nachlasses – einer der 24 Sammlungen, die von der National Library of Israel (NLI) und dem CSMC bewahrt wurden. Anstelle von 1.200 Einträgen wird das Team bald mit dreißigmal so vielen Bildern arbeiten.
Derzeit liegt der Fokus auf der Testung und Weiterentwicklung digitaler Werkzeuge, um die Verwaltung dieser umfangreichen Sammlung zu ermöglichen. Das Team setzt dabei auf Open-Source-Software, insbesondere den VIKUS Viewer, der an der Fachhochschule Potsdam entwickelt wurde. Ziel ist es nicht nur, bestehende Tools an die spezifischen Bedürfnisse des Projekts anzupassen, sondern auch zur Weiterentwicklung digitaler Technologien für die Geisteswissenschaften beizutragen.
Dieses Projekt unterstreicht das Engagement des HCDS für computergestützte Lösungen in den Geisteswissenschaften. Es überbrückt die Kluft zwischen traditioneller Forschung und modernen digitalen Methoden. Durch den Einsatz von digitaler Visualisierung und kollaborativer Analyse öffnet das Jerusalemer Gästebuchprojekt die Tür zu einer neuen Ära der Manuskriptforschung und digitalen Geisteswissenschaften.
Link zum Excellenzcluster ‘Understanding Written Artefacts’ (UWA)
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